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0 bis 9

 

Mein erster Lebenstag

Und ab 0 beginnen meine schönsten 9 Jahre der Kindheit. Geboren am 8. April 1979 im nordhessischen Homberg (Efze) verbrachte ich meine ersten Lebensjahre in einem Dorf Namens Verna. Das Örtchen zählte im Jahr 2017 ca. 742 Einwohner. Damals war die Familie Mete inclusive Oma, Opa, Onkel und Tante, die einzige ausländische Familie im Ort. Mein Vater sprach fast akzentfrei Deutsch und war durch seine offene herzliche Art und außergewöhnliches Talent im Fußball bei den Einheimischen bekannt und beliebt. Die Gastarbeiter aus der Türkei kamen ausschließlich als Bergbauer der Preussen Elektra AG (heute E.ON AG) in den Schwalm-Eder Kreis. Dort gab es in der Braunkohle-Grube Stolzenbach harte, aber gut bezahlte Arbeit. Auch dort war mein Vater nach einiger Zeit wegen seiner Sprachkenntnisse und Fähigkeiten im Betriebsrat. Er half den türkischen Arbeitern nicht nur im betrieblichen Rahmen. Auch privat half er den türkischen Gastarbeitern unentgeltlich bei Behördengängen und amtlichen Sachen. Selbst bei jenen Türken, mit gegensätzlichen politischen Überzeugungen hieß es: „Er ist zwar Kommunist, aber ein guter Mann!“. Bei den einheimischen Nordhessen war er besonders beliebt und wir haben ganz normal am gesellschaftlichen Leben teilgenommen. Ablehnung haben wir nicht wirklich erfahren.

Mein Vater mit seinen Freunden. Ende 70er.

Das lag aber auch maßgeblich daran, dass mein Vater zum einen sehr gut Deutsch konnte und sich in die Gesellschaft drängte. Er wollte mitgestalten, etwas bewegen und die Menschen zusammenbringen. Und das gelang ihm auch sehr gut.

Kinderveranstaltung auf dem Sportplatz.

 

Meine Mutter zog er dann auch mit. Sie lernte schneller und besser Deutsch als die anderen Ehefrauen der türkischen Gastarbeiter.

Auf Hochzeiten oder Veranstaltungen schwirrten wir Kinder im Saal und draußen umher. Es gab damals keine Eltern, die ihre Kinder beim Spielen und in ihren Konflikten überwacht haben. Die Eltern waren unter sich und hatten ihre Ruhe. Und wir Kinder waren unter uns und spielten fröhlich. Heutzutage undenkbar.

Dennoch verdeutschten wir nicht.

Fasching in Frielendorf.

Für uns gab es klare Linien und klare Welten. Die soziale Welt draußen und die Familie, die Vier Wände. Wir fuhren regelmäßig in die Türkei. Natürlich mit dem Auto. Für 6 Wochen taucht man in eine andere Welt und bekommt jedes Jahr eine Art Zusatzsozialisation. Die zweite Identität, mit der man sehr gut leben kann, wenn man klare Bereiche definiert und es zulässt, wenn die Grenzlinien verschwimmen.

 

Bei Oma auf dem Schoß. Das Auto ist vollgepackt. Auf nach Istanbul!

 

Cousinen und Cousins in Istanbul

 

 

Angeln am Bosporus war Tradition bei uns.

Ein zu opferndes Schaf zum Opferfest. So richtig begriffen habe ich das erst sehr spät, was dort passierte. Man sitzt fröhlich auf dem Tier und Minuten später wird es vor deinen Augen geschlachtet. Es kam mir nie seltsam oder grausam vor.

 

Änderungsschneiderei Mete in der Bahnhofstrasse in Borken Hessen. Nach der Schule bin ich immer zu meine Mutter in den Laden gegangen. Natürlich allein. In Borken kannte jeder jeden und man brauchte keine Angst zu haben.

Zur Grundschule zogen wir dann in die nächstgrößere Stadt. Borken Hessen. Die Stadt mit dem Wasserturm. Eingeschult wurde ich dann in die Gustav Heinemann Schule.

Mein erster Schultag mit meinem Opa Süleyman, der zu Besuch in Deutschland war. Ein Jahr später ist er verstorben.

Obwohl Borken eine Kleinstadt war, gab es bedingt durch die Grube viele türkische Familien. In meiner Klasse ich war ich allerdings der einzige. So verbrachte ich eine wunderschöne Kindheit bis zum Jahr 1988.

Angeln am Bosporus in Sariyer / Istanbul.

Mit meinem Paba. Eine Mischung aus Papa und Baba.

SV Borken F-Jugend. Ich glaube ein Tor habe ich noch nie geschossen.

Die typischen Autoschlangen der Gastarbeiter-Familien an der türkischen Grenze.

Rastplatz. Auf dem Weg nach Istanbul.

Jede Türkei Reise mit Auto war für mich ein Abenteuer.